Wilde Seile

Zugegeben es sieht auf den ersten Blick schon etwas sonderbar aus, wenn man in der freien Natur, ohne vom sportlich-funktionellen Hintergrund zu wissen, einem Menschen begegnet, der voller Freude und Power in Intervallen mit einem langen, kräftigen Seil schwingt.

Funktionell trainierende Sportler können sich schon eher vorstellen, was das optisch eher einfache, ausschauende, mehr oder weniger starke Schwingen mit dem Seil körperlich vollbringen kann. Sehr viel, hier schon einmal angemerkt.

 

Wilde Seile oder im englischen Heavy Ropes/Battling- oder Power-Ropes sind über Crossfit- und Material-Arts Athleten nun auch bei vielen anderen informierten Sportlern angelangt und zu einem geschätzten Trainingsmittel geworden. Es gibt sie in verschiedenen Längen, Stärken und Materialien, je nach Einsatz (Anfänger, Fitness, Fortgeschrittene, Leistungssport).

 

Das Prinzip ist erfreulich einfach. Man benötigt ein entsprechendes Seil, einen Verankerungspunkt wie z.B. einen schweren Gegenstand oder Pfosten, an dem das Seil in der Mitte umgelenkt wird und ausreichend Platz zum Seil auslegen, dann kann es auch schon losgehen.

 

Zur Auswahl des Seiles:

Es gibt mittlerweile Seile aus Naturhanf, Kunsthanf und auch Polyester.

Das Kunsthanfseil ist dabei vom Preis-Leitungsverhältnis und seinen guten Allroundeigenschaften bei vielen Athleten sehr geschätzt. Es lässt sich indoor wie outdoor gut einsetzen, hat gute Schwungeigenschaften und ist bezahlbar. Das mehr für den indoor-Bereich geeignete Polyester-Seil ist etwas teurer, dafür noch etwas leiser und in der Lage noch weichere Wellen zu erzeugen. Naturhanf für das ökologisch einwandfreie Training, leider mit etwas schlechteren outdoor-Eigenschaften wie Kunsthanf.

Die Längen variieren meist zwischen 15-25 Meter, in der Stärke der Seile meist zwischen 30-50 mm. Je länger und dicker das verwendete Seil ist, desto schwerer wird das workout. Für den durchschnittlichen Sportler (männlich wie weiblich) ist ein 20 Meter langes, 30 mm starkes Seil aus Kunsthanf eine gute Einstiegslösung. Bei Bedarf, beispielsweise bei älteren oder jüngeren Sporteinsteigern, lässt sich das 20 Meter Seil noch verkürzt nutzen.

Die Preise bewegen sich von ca. 100-300 € je nach Seilart und Länge.

 

Der Nutzen:

Gleich mal vorweg, es sieht leichter aus als es ist.

Irgendwie hatte ich es schon geahnt und war nach den ersten Intervallen dennoch etwas überrascht, von dem (guten) Gefühl der intensiven Ganzkörper-Anspannung und der ordentlichen Kreislaufanregung, die man hierbei schon mit einfachen, relativ kurzzeitigen Wellenschwüngen erlebt.

Das Seiltraining ist bei korrekter Technik ein forderndes, dabei gelenkschonendes Ganzkörpertraining, was den Kreislauf mächtig in Schwung bringt und die rumpfstabilisierende Muskulatur, Schultergürtel, Arme und Hände (Griffkraft) sehr effektiv stärkt.

Erfreulich ist auch, dass die Seilschwung-basics im Allgemeinen schnell umsetzbar sind, also man schnell vom Training profitieren kann. Über die gleichmäßige Form bzw. den Verlauf der Wellen und Spiralen bekommt der Trainierende unmittelbar eine Rückmeldung zur korrekten Technik.

Das Rope Training ist für aerobe und anerobe kurze Einheiten hervorragend geeignet. Im funktionellen (Zirkel-)training hat es auf jeden Fall einen Platz in den Top10 meiner beliebtesten Trainingstools.

Nur um es nicht unerwähnt zu lassen, es ist auch für das klassische "Tauziehen" in der Gruppe (Hanfseil nutzen!), bzw. eines mit Gewichten beladenen Schlittens oder Seilklettern zu gebrauchen. Somit bietet es gleich vier Einsatzbereiche, für das fortschrittliche Gym.

 

Zum Training:

Wichtig ist eine stabile Verankerung des Seiles an einem am Boden oder knapp darüber befindlichen schweren Gegenstand, Öse oder Pfeiler. Der Boden sollte eben und im Idealfall relativ sauber sein. Es empfiehlt sich im parallelen, schulterbreiten Stand mit stabilisierten Rumpf, das Seil an den Handgriffen anzuheben, etwas auf Spannung zu bringen und mit einfachen, soften links/rechts wechselnden auf-und-ab Schwüngen zu beginnen, um etwas Gefühl für das Seil, den erforderlichen Krafteinsatz und den nötigen Rhythmus zu entwickeln. Je nach Fortschritt und Interesse kann irgendwann mit stärkeren, parallelen, einarmigen, zick-zack, großen spiralförmigen Moves weitergemacht werden.

Beim Üben gilt auch hier „Probieren geht über Studieren“. Der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Man kann das unterschiedliche Schwingen, Kreiseln, einarmig, beidarmig, auch mit Kniebeugen, Ausfallschritten, Veränderungen des Abstandes zum Verankerungspunkt, im Knien, u.a.m. verändern.

Zuerst sollte der Focus auf eine saubere, rhythmische, weich fließende Arbeitsweise in einer natürlichen Stellung gelegt werden.

Die Nutzung eines Timers (z.B. Gymboss) ist auch beim Seiltraining empfehlenswert, da man dadurch natürlich auch eine genauere Trainingskontrolle hat. Anfangsintervalle können beispielsweise je nach Ausgangsfitness 15-30 Sekunden lang sein und später natürlich von der Dauer und auch Intensität gesteigert werden.

 

Fazit:

Das Training mit Seilen hat das Potenzial sich zu einem „must-have“ für sportliche Menschen zu entwickeln, denen es darum geht, mit einfachen, natürlichen bzw. naturnahen Trainingsmitteln zu einer gesunden, funktionellen, alltagstauglichen Fitness zu kommen. Gerade im leistungsorientierten Bereich wird es immer mehr Liebhaber finden. Durch seine verschiedenen Längen, Stärken und Intensitätsspielräume bei der Ausführung, ist es für Anfänger bis Profisportler einsetzbar.

Es gibt mittlerweile, stabile Verankerungsplattformen zu kaufen, mit denen ein Gruppentraining mit einer zentralen Befestigung möglich ist- im Sportclub so gesehen die neue moderne, moralisch absolut einwanfreie Form des "Schwinger-Treffs", bei der garantiert jeder mal ran darf  (...kleiner Scherz!!!)

Das Seilworkout lässt sich prima kombinieren mit anderen Trainingstolls wie Kettlebells, Ringen/TRX, Slide etc oder einfachen Bodyweights. Herrlich erfrischend ist es natürlich open-air.

Ich möchte es nicht mehr missen!

 

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